Eine wirtschaftssoziologische Perspektive auf Karrieren von Kreativen in Sozialen Medien.
Hintergrund
In der Kulturwirtschaft Fuß zu fassen war immer schon schwer. Als Schriftsteller*in, Musiker*in oder Schauspieler*in musste man sich auch schon vor dem Aufkommen der Sozialen Medien gegen eine Vielzahl von gleichermaßen ambitionierten Konkurrent*innen durchsetzen. Das Einkommen war oft bescheiden, die Arbeitssituation belastend und eine nachhaltige Karriere keinesfalls garantiert. Mit dem Erfolg von Social-Media-Plattformen wie Facebook, YouTube, Instagram, Twitch und TikTok hat sich diese Situation nochmals verschärft. Die enorme Konkurrenz auf den Plattformen und intransparente Empfehlungs-Algorithmen machen es Kreativen noch schwerer, den Erfolg ihrer kulturellen Tätigkeit vorherzusagen und ihre Karriere zu planen.
Projektinhalt
Im Projekt „Creator Careers“ untersuchen wir, wie sogenannte Creator*innen auf YouTube und auf anderen Plattformen mit dieser Unsicherheit umgehen. Dabei knüpfen wir an Einsichten an, die aus wirtschaftssoziologischen Untersuchungen klassischer Kulturindustrien wie etwa der Musikindustrie oder der Filmwirtschaft gewonnen wurden. So weiß man aus der einschlägigen Forschung, dass die Imitation legitimer Vorbilder, die Festlegung auf unmissverständliche, klare Genrekategorien und Netzwerke zu anderen Kreativen bei der Bewältigung von Unsicherheiten eine wichtige Rolle spielen. Für die neuartigen Formen kultureller Produktion in Sozialen Medien wurde dies aber noch nicht untersucht.
Ziel
Im Projekt wollen wir unter anderem die folgenden Forschungsfragen beantworten:
- Inwieweit lernen Creator*innen bei der Bewältigung von Unsicherheiten voneinander?
- Welche Rolle spielen Expert*innen, Agenturen, Multi-Channel-Netzwerke und die YouTube Creator Academy in der Etablierung legitimer Produktionsstrategien?
- Wie sinnvoll ist es, im Laufe einer Karriere zwischen Genres, Formaten, Plattformen bzw. zwischen Online- und Offline-Aktivitäten zu wechseln?
- Wie wichtig sind Kollaborationen mit anderen Creator*innen? Und profitieren davon eher Newcomer oder Etablierte?
- Werden weibliche Creator*innen in Sozialen Medien systematische benachteiligt?
Methoden
Mit dem Projekt „Creator Careers“ betreten wir nicht nur mit einer dezidiert wirtschaftssoziologischen Perspektive Neuland, sondern auch mit einem innovativen Forschungsdesign. Hierbei werden Daten zu Creator*innen auf YouTube über eine API (Application Programming Interface), also eine Programmierschnittstellen zur Plattform, abgefragt, mit zusätzlichen online verfügbaren Informationen manuell angereichert und statistisch analysiert. Begleitet werden die quantitativen Analysen von umfassenden Online-Recherchen, digitaler Ethnographie und leitfadengestützten Interviews mit ausgewählten Creator*innen und Expert*innen aus deren Umfeld. Auf diese Weise erhalten wir wertvolle Einblicke in die Karriere-Strategien von Content-Creator*innen und Kulturschaffenden, die digitale Plattformen nutzen.
Innovation
Mit diesem Ansatz erhoffen wir uns nicht nur ein besseres Verständnis der Kulturproduktion in Sozialen Medien, sondern auch eine wissenschaftliche Basis für die Weiterentwicklung von Instrumenten zur Regulation von digitalen Plattformen. Darüber hinaus werden vom Forschungsprojekt auch wichtige Impulse für internationale Theoriediskussionen in der Wirtschaftssoziologie und für die Entwicklung neuer Methoden zur empirischen Analyse von digitalen Plattformen ausgehen.
Fördergeber
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Department Medien und Digitale Technologien
- Advisory Board:
- Prof. Patrik Aspers (University of St. Gallen) [Schweiz]
- Prof. Susanne Janssen (Erasmus University of Rotterdam) [Niederlande]
- Markus Kienberger MA (consult-ant, former CEO of Google Austria)
- Dr. Pamela Nölleke-Przybylski (University of Münster) [Deutschland]
- Prof. Jörg Rössel (University of Zürich) [Schweiz]
- Sandra Thier MA ( CEO Diego5; influencer agency and film production)
- Dr. Gianna Luisa Ehrlich, Johannes Gutenberg Universität Mainz [Deutschland]